(2.2.25) Bahnhof Greiz
Anschrift: Greiz, Poststraße 12
Baujahr: 1875
Architekt:
Jetzige Nutzung: Leerstand
Das Greizer Bahnhofsgebäude steht längs der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bahnlinie Gera-Weischlitz. Die zur Stadt gewandte Fassade ist nach Osten gerichtet.
Der Mitteltrakt verfügt über vier Fensterzüge. Er wird über zwei nebeneinander liegende Portale im Hochparterre erschlossen, die man über eine große Freitreppe erreicht. Die Portale liegen im zweizügigen Mittelrisalit, der mit einem flachen Giebel bekrönt ist. Der Mitteltrakt wird beidseitig von Seitenflügeln flankiert. Während der linke Seitenflügel über ein Obergeschoss verfügt, ist der rechte Seitenflügel niedriger. Deshalb ist das Empfangsgebäude insgesamt asymmetrisch. Alle Fenster- und Türöffnungen sind mit Rundbögen überbrückt. Die Fassade ist verputzt. Sie wird durchgehend von Ritzblöcken belebt.
Da das Empfangsgebäude von der Deutschen Bahn nicht mehr
genutzt wird, strebt sie eine Vermietung an.
Der flache Giebel mit Bahnhofsuhr
Der zweistöckige linke Seitenflügel
Einzelnes Fenster neben dem Portal
Niedriger rechter Seitenflügel
Detail des rechten Seitenflügels
Apsisartiger Ausläufer des Seitenflügels
Die Apsis von Nordost
Die Apsis von Nordwest
Nördlicher Giebel des Seitenflügels mit gesägtem Ornament.
Diese Ornamente waren ursprünglich an allen Giebeln zu finden.
Holzornament in Nahaufnahme
Westfassade zum Bahnsteig hin. Unangemessene Verkleidung
aus jüngerer Zeit mit Wandfliesen.
Gusseiserne Säule des Bahnsteigdaches
Gusseiserne Abdeckung einer Kelleröffnung am Bahnsteig
Detail der Abdeckung
Fliesen des Bahnsteigs
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Detail der Fliesen
Ansicht des Empfangsgebäudes aus südöstlicher Richtung, links ein flacher
Erweiterungsbau mit Fachwerkfassade. Er nahm früher den Gepäckraum auf.
Das Empfangsgebäude mit dem Eingangsbereich aus südöstlicher Sicht. Wir erkennen,
dass dem Mitteltrakt zu beiden Seiten der Portale und der Freitreppe Pavillons vorgelagert sind,
die die Fassade bereichern. Sie wurden nachträglich errichtet.
Auch am südlichen Giebel ist das Sägeornament erhalten.
Das Sägeornament in Nahaufnahme
Zwei Fenster des linken Seitenflügels
Einzelnes Fenster in Nahaufnahme. Die Ritzblöcke im Putz sind gut zu erkennen.
Betrachten wir ein Foto aus dem Jahr 1955, so sehen wir, dass auch der Giebel
des Mittelrisalits mit Sägeornamenten ausgestattet war.
Das Empfangsgebäude des Bahnhofs Greiz ist nicht so ein Prachtgebäude wie etwa der Altenburger Bahnhof. Dennoch ist es ein durchaus sehenswertes Gründerzeitgebäude. Leider sind die Innenräume sowie die Westfassade zu den Bahnsteigen stark überformt, so dass der ursprüngliche gründerzeitliche Bauzustand kaum zu erkennen ist.
Verschwunden ist auch der frühere Fürstensalon mit separater Freitreppe, den es im Greizer Bahnhof gab. (BLASE)
Zu Zeiten der Monarchie waren die Eisenbahnen bestrebt, auch die Angehörigen der Adelshäuser als Fahrgäste zu gewinnen. Diese fuhren nicht nur in separaten Privatzügen, Salonwagen oder speziellen Abteilen, sondern nutzten auch gesonderte Bahnhöfe, Empfangsgebäude oder Salons. Die Bahnhöfe nahezu aller Residenzstädte und auch bevorzugter Reiseziele der Fürstlichkeiten wie Bäder, Jagdgebiete u.a. hatten derartige Baulichkeiten. Noch erhalten sind beispielsweise der Königspavillon am Dresdener Hauptbahnhof, der Fürstenbahnhof in Eisenach, der Königssaal im Hauptbahnhof zu Hof und der Fürstenbahnhof in Coburg.
Es war also nichts Außergewöhnliches, dass die Residenzstadt Greiz im Bahnhof über einen Fürstensalon verfügte. Bisher ist nicht bekannt, wo sich der Salon befand. Auf einer historischen Darstellung des Greizer Bahnhofs ist zu erkennen, dass der nördliche Seitenflügel einen separaten Eingang mit Freitreppe hatte.
Vielleicht befand sich der Fürstensalon auch an ganz anderer Stelle. Es wäre hochinteressant zu erfahren, wo er eingerichtet war und wie er aussah. Möglicherweise könnte man ihn sogar rekonstruieren. Für die Greizer Neustadt wäre das eine Bereicherung, denn in diesem Stadtteil finden sich ansonsten keine Baulichkeiten mit direktem Bezug zum ehemals regierenden Fürstenhaus und zum Residenzcharakter der Stadt.
Uns liegt eine Zeichnung der Fassade des Empfangsgebäudes aus dem Jahr 1920 vor. Wegen schlechter Bildqualität können wir die interessante Bauzeichnung nicht zeigen. Man sieht vor dem dritten Fenster von rechts in gestrichelten Linien eine Freitreppe angedeutet, die bereits zu diesem frühen Zeitpunkt, zwei Jahre nach dem Ende der Monarchie, entfernt wurde. Die Zeichnung gibt wieder, dass das ehemalige Portal zum Fenster umgebaut und dessen Gestaltung den vorhandenen Fenstern angeglichen wurde. Da neben der Treppe des Haupteingangs des Empfangsgebäudes stadtseitig nur diese zweite, im Jahre 1920 entfernte Freitreppe bestand, dürfen wir annehmen, dass hier der separate Zugang zum ehemaligen Fürstensalon war.
Wir danken Frau Ulrike Gierens von der Historischen Sammlung des DB-Konzerns Berlin,
für die freundliche Überlassung der historischen Bauzeichnungen.
Quellen:
*BLASE 1995-98, s. Impressum
* Historische Bauzeichnungen zum Greizer Bahnhof 1920, Historische Sammlung des DB-Konzerns
* Arenhövel, Winfried: Gruß aus Greiz. Die Residenzstadt auf alten Postkarten, Sutton Verlag Erfurt, 2008
Stand 2012