(3.1.) Ehemaliges Blindenheim Königs Wusterhausen
Anschrift: Königs Wusterhausen, Luckenwalder Straße 64
Errichtet als: Heim für deutsche Blinde
Baujahr: 1899-1901
Bauherr und ursprünglicher Träger: Hermann-Schmidt-Stiftung
Finanzielle Grundlage: Vermächtnis des Hamburger Kaufmanns Hermann Wilhelm Schmidt und seiner Ehefrau Caroline Anna Schmidt. (MEIXNER) Die Eheleute hatten 1889 in einem gemeinsamen Testament verfügt, dass die Hälfte ihres Nachlasses für eine Blindenanstalt verwendet werden solle. (MEIXNER)
Protektor des Heimes und Stifter des Baugrunds aus dem kaiserlichen Hofkammergut: Kaiser Wilhelm II.
Architekt: Gotthilf Ludwig Möckel, *1838 †1915
Jetzige Nutzung: Brandenburgische Schule für Blinde und Sehbehinderte Königs Wusterhausen
Außenansicht
Der Gebäudekomplex liegt auf einem weitläufigen Gelände.
Das Grundstück ist von einer stattlichen alten Einfriedung umgeben.
Wir sehen gemauerte Backsteinsäulen mit glasierten Abdeckungen
und schmiedeeiserne Zaunsfelder.
Mehrere Tore erschließen das Gelände: linkes Tor, …
mittleres Tor, …
rechtes Tor.
Die Gestaltung der Mosaikinschrift „Feierabendhaus für Blinde“
ist bereits vom Jugendstil geprägt, …
obwohl das Tor selbst wie auch der gesamte Gebäudekomplex
stilistisch maßgeblich der Gründerzeit zuzuordnen sind.
Der Name „Hermann-Schmidt-Stiftung“ prangt an der Fassade des Hauptgebäudes,
über dem Hauptportal.Die Schriftgestaltung hier ist noch gründerzeitlich.
Wir sehen uns nun eine Reihe von Details der großartigen Anlage an:
Mittelrisalit des Hauptgebäudes. Wir sehen die
Verbindung von Backstein, Mauerwerk und Fachwerk.
Mosaikarbeiten über dem Hauptportal
Die beiden mittleren Mosaiken über dem Hauptportal zeigen die
Stifterfiguren Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Viktoria.
Unterbau einer Terrasse
Fachwerkgiebel
Runderker
Erkerfuß
Dreizügiges Fenster
Mansardenfenster
Schmiedearbeiten am Hauptportal
Kunstgeschmiedete Türbänder
Balkon über dem Hauptportal, im Hintergrund Mosaiken
Runderker mit Mosaik
Hauptportal mit Freitreppe
Mittelrisalit aus seitlicher Sicht
Gesamtansicht von links, man lasse den Anblick der schlossartigen Anlage auf sich wirken.
Nebengebäude links
Detail der Seitenfront des Hauptgebäudes
Verbindungsgang zwischen Hauptgebäude und Torhaus links
Torhaus mit schmückenden Eisenbänder
Mansardenfenster am Nebengebäude, sorgfältige Zimmermannsarbeit
an den Fenstern wie auch am Fachwerk
Giebel des Nebengebäudes
Nebengebäude, Torhaus und Seitenfront des Hauptgebäudes
Formschöne Fensteröffnung an einem Nebengebäude
Fassadendetails Nebengebäude
Kleiner Fachwerkgiebel
Großer Fachwerkgiebel
Nebenpforte
Rückfront des Hauptgebäudes, vom Innenhof her gesehen
Gebälk eines Verbindungsganges mit sorgsam gemauertem Dienst
Eisernes Türband
Fassadendetail
Nebengebäude, …
auch der Schornstein ist original gründerzeitlich gestaltet.
Dachdetail mit Schornstein
Freitragende Freitreppe am Hauptportal von der Seite
Schmiedeeiserne Verzierung an der Freitreppe
Weinrebenmosaiken an den beiden Runderkern
Kleiner Altan, die Balustrade sowie das Eckpostament sind reich mit Formsteinen geschmückt.
Terrasse mit schmiedeeisernem Geländer und Stützpfeiler
Detail der Fassade mit Stiftermosaik:
Seitlicher Altan
Postament an einem Altan
Detail des Sockels am Eingang
Hauptgebäude aus südöstlicher Richtung
Westlicher Altan am Mittelrisalit
Balustrade des Altans
Abschließend kann gesagt werden, dass der Gebäudekomplex der „Hermann-Schmidt-Stiftung“ in seiner prachtvollen architektonischen Ausgestaltung im Stil der Spätphase der Gründerzeit eine hervorragende Sehenswürdigkeit Königs Wusterhausens darstellt. Sie kann ohne weiteres mit dem Schloss König Friedrich Wilhelms I., das Altministerpräsident Stolpe einmal treffend als „urig“ bezeichnete, konkurrieren. Leider wird die Stiftung von Besuchern der Stadt zumeist nicht wahrgenommen. Das sollte sich ändern.
Der Gebäudekomplex der Stiftung wurde restauriert und befindet sich in präsentablen baulichem Zustand. Neben dem reichen Gebäudeschmuck, der die Anlage einem Schloss vergleichbar macht, fällt ins Auge, dass überall edelste Materialien verwendet wurden, die die Zeiten gut überdauert haben. So zeigen namentlich die Backsteine kaum Verwitterungsspuren. Nach der Reinigung wirken sie wie neu.
Innenansichten
Wir können nunmehr mit freundlicher Genehmigung der Leitung der Blindenschule
auch Bilder aus dem Inneren des Gebäudes zeigen.
Haupteingang von innen
Füllungsgitter des Hauptportals
Füllungsgitter näher
Oberlicht und Kreuzgewölbe über dem Portal
Teil des Oberlichts des Portals und Seitenwand der Eingangshalle
Dienst einer Gewölberippe
Seitliche Fenster der Eingangshalle
Oberer Teil der Fenster
Unterer Teil der Fenster
Unterste Stufe des Aufgangs in der Eingangshalle
Linker Arm des hufeisenförmigen Treppenaufgangs
Geländer des Treppenpodests
Nahaufnahme des Geländers:
Gewölberippe
Kreuzgewölbe der Eingangshalle
Schlussstein des Kreuzgewölbes
Details der Tür von der Eingangshalle zum Flur der ersten Etage:
Oberlicht der Tür mit einfacher Bleiverglasung frontal von unten
Oberlicht schräg von unten
Westliches Rundfenster des früheren Speisesaals, Außenansicht
Rundfenster mit Birnendekor im früheren Speisesaal, Innenansicht
Rundfenster mit Apfeldekor
Rundfenster mit Weintraubendekor
Partie der Fensteranlage im früheren Speisesaal. Unten sind große lange
Fenster mit Klarglasscheiben zu sehen. Darüber befinden sich als Oberlichter
die farbig bleiverglasten Rundfenster.
An den Rundfenstern im früheren Speisesaal haben sich glücklicherweise diese farbigen Bleiverglasungen erhalten, die man sonst im ganzen Haus kaum noch findet. Man muss davon ausgehen, dass zur Entstehungszeit des Blindenheims viel mehr Fenster derartig geschmückt waren. Der Speisesaal birgt somit einen besonders raren und wertvollen Schatz.
Mauerdetail im Flur der ersten Etage:
Fensteraufhängung
Fensterverriegelung
Fenstergriff
Aufgang zum zweiten Obergeschoss
Geländer des Treppenabsatzes im zweiten Obergeschoss
Detail des Geländers
Arkade und Säule im zweiten Obergeschoss
Arkade schräg gesehen
Säulenkapitell unter den Arkaden
Säulenkapitell in Nahaufnahme. Man sieht, dass der Backstein getönt wurde.
Besser wäre es gewesen, die gereinigte natürliche Farbe des Backsteins wirken zu lassen. Trotzdem ist es ein Anlass zur Freude, dass diese schönen Bauteile erhalten geblieben sind.
Tür zur Aula mit schmiedeeisernen Beschlägen
Kunstgeschmiedetes eisernes Band an der Aufhängung der Tür zur Aula
Die Aula von der Empore über der Bühne aus gesehen. Die Aula ist ein großer festlicher Saal
im zweiten Obergeschoss. Sie liegt über dem zentralen Hauptportal und hat Fenster zur südlichen Straßenseite und zur nördlichen Hofseite (hier im Bild). Die Dachschräge wird in
die Gestaltung des Saales einbezogen.
Das nördliche Saalende mit der Fensterwand, dem Innenhof zugewandt,
von der Empore aus gesehen.
Decke des Saales mit den Dachschrägen, die oberen Fenster der Nordwand
Saaldecke mit Kronleuchter
Nördliche Fensterwand
Rundfenster
Nordostecke des Saales
Fenster an der Westwand
Fenster an der Ostwand
Fensterbogen und rundes Blendfenster
Östlicher Saaleingang von innen
Türbogen und rundes Blendfenster über der Tür
Dienst für das Gebälk und Spitzbogen über dem östlichen Bühnenzugang
Teil des Bühnenzugangs
Dienst mit floralem Schmuck:
Fensterdetail der Nordwand
Fensterpartie Nordwand
Empore an der Südwand über der Bühne
Empore an der Südwand über der Bühne
Detail des Gebälks
Gebälk und Stabilisierungsanker
Gebälk und Dachschräge
Blick zur Empore frontal
Blick zur Empore schräg
Schräge Saaldecke und Lüster
Partie der Saaldecke
Detail der Bemalung der hölzernen Saaldecke:
Blick zur Saaldecke:
Innenansicht Teil 2
Zu ebener Erde sind die einzelnen Gebäude durch Verbindungsgänge miteinander verbunden.
Fensterreihe eines Verbindungsganges mit Backsteineinfassung
Decke eines Verbindungsganges. Das Gebälk ist frei sichtbar.
Teil eines Fensters und gemauerter Dienst des Gebälks
Gemauerter Dienst
Fenster in näherer Sicht
Fenster mit Backsteineinfassung in frontaler Sicht
Großer Fensterbogen
Tür mit Füllungsgittern schräg gesehen
Füllungsgitter frontal
Blick in einen Verbindungsgang mit großem Außentor
Innentür im Verbindungsgang
Aufhängung der Innentür
Rotunde der Verbindungsgänge, Balkendecke:
Einmündung eines Verbindungsganges in die Rotunde
Verbindungsgang
Verbindungsgang mit Biegung
Blick in eine Rotunde der Verbindungsgänge
Fußboden der Rotunde
Dachkonstruktion in der Biegung eines Verbindungsganges
Gemauerter Dienst des Gebälks
Verschraubung eines Türrahmens gestaltet als Rosette
Verschraubungsrosette näher
Langer Verbindungsgang
Flur im Erdgeschoss des Hauses
Detail des gemauerten Dekors im Erdgeschoss. Die Backsteine wurden übermalt.
Einfassung einer Tür im Erdgeschoss
Oberer Teil einer Tür
Verschraubungsrosette
Treppenaufgang:
Spitzer Bogen, Durchblick zu einem Treppenhausfenster
Flur in der ersten Etage
Blick zu den Wölbungen im Flur
Gewölberippen
Wölbungen
Oberlicht einer Innentür:
Kleine schmale Fenster:
Innentür mit halbem Spitzbogen
Oberer Teil der Innentür mit Spitzbogen
Ausblicke
Aus dem Inneren der Gebäude heraus wurden Aufnahmen gemacht, die äußere Partien wiedergeben. Derartige Blicke eröffnen sich nur, wenn man Zugang zu den Gebäuden hat.
Blick aus einem Verbindungsgang zum Hauptgebäude und in den Innenhof.
In der Mitte der zentrale Hauptrisalit seitlich gesehen. Man erkennt westliche
Fenster des ehemaligen Speisesaales und darüber der Aula.
Blick aus einem Verbindungsgang zu einem anderen Teil des
Verbindungsganges mit Tür zum Innenhof.
Tür zum Innenhof in näherer Sicht
Blick zur südlichen Seite des Innenhofes. Wir sehen die Rückfront des Hauptgebäudes
Der zentrale Hauptrisalit der Rückfront. Im ersten Obergeschoss sind die Rundfenster
des ehemaligen Speisesaales zu sehen. Darüber die Fensteranlage der Aula.
Blick zur südöstlichen Seite des Innenhofes
Blick zur südwestlichen Seite des Innenhofes
Stützpfeiler an einer Außenwand
Detail eines Stützpfeilers
Blick aus dem Hauptgebäude nach Norden in den Innenhof. Frontal ist der
Nordtrakt zu sehen. Beidseitig sind die flachen Verbindungsgänge zu erkennen.
Blick vom Hauptgebäude zur nordöstlichen Seite des Innenhofes.
In der Mitte des Bildes eine Rotunde der Verbindungsgänge.
Dachregion des Nordtraktes
Giebel des Nordtraktes mit Zierankern
Blick aus den Südfenstern zur Straße und zum Vorplatz des Hauptgebäudes
Eingangstor von der Aula gesehen
Blick von innen zur östlichen Seitenwand des Hauptrisaliten
Östliche Seitenwand des Hauptrisaliten
Feierabendhaus für Blinde
Anschrift: Königs Wusterhausen, Luckenwalder Straße 64
Baujahr: 1910/11
Bauherr: Ferdinand-Warburg-Stiftung
Jetzige Nutzung: SFZ Förderzentrum gGmbH, Internat für Sehgeschädigte
Östlich des Gebäudekomplexes des Blindenheimes steht auf dem gleichen weiträumigen Grundstück ein größeres Gründerzeitgebäude unabhängig vom ehemaligen Blindenheim.
Es ist das Feierabendhaus für Blinde.
Das Haus wurde von einer Stiftung erbaut und betrieben, die von dem Berliner Firmenbesitzer und Bankier Ferdinand S. Warburg, *1844 †1924, errichtet worden war.
Das Erbbegräbnis der Familie Ferdinand Warburg befindet sich auf dem Friedhof der
Kaiser-Wilhelm-Gedächtnisgemeinde Berlin-Westend.
Erbbegräbnis der Familie Ferdinand Warburg
Inschrift im Giebel des Grabmals
Trauernde mit Lyra vom Erbbegräbnis Warburg, geschaffen von Hans Dammann, *1857 †1942
Inschrift für Ferdinand S. Warburg
Auch für das Feierabendhaus für Blinde gilt, dass das Kaiserpaar Wilhelm II. und Auguste Victoria als Förderer fungierten, indem sie den Baugrund aus den Ländereien des kaiserlichen Hofkammergutes Königs Wusterhausen zur Verfügung stellten.
Betrachten wir nunmehr das Gebäude, das gegenwärtig als Internat für die Blindenschule dient, näher.
Großes Tor zum Gelände des Feierabendhauses
Mosaiktafel mit der Bezeichnung der Einrichtung über dem Tor
Südliche Fassade zur Straße hin
Feierabendhaus mit der Einfriedung zur Luckenwalder Straße
Mittelrisalit mit Terrasse im Obergeschoss
Schornstein westlich des Mittelrisalits
Schornstein in näherer Aufnahme
Östlicher Seitenflügel mit Veranda im Parterre
Mittelrisalit und östlicher Seitenflügel
Ostfassade
Westfassade
Erker an der Westfassade
Verkoppelte Fenster unter dem Erker
Fachwerkgiebel der Westfassade
Detail des Fachwerks
Veranda an der Südwestkante des Gebäudes
Terrasse des Mittelrisalits, darunter Portal mit Freitreppe
Giebel über der Terrasse aus südwestlicher Richtung gesehen
Ostflügel und Verbindungstrakt
Schornstein des östlichen Verbindungstraktes
Hauptportal aus Südwest
Hauptportal frontal
Obwohl das Feierabendheim für Blinde zu einem Zeitpunkt errichtet wurde, als der Einfluss des Gründerzeitstils seinem Ende zuging (1910/11), als andere neue Stile, namentlich Jugendstil und Werkbundstil bereits Einzug gehalten hatten, ist dieses prachtvolle Gebäude noch ganz von der Gründerzeit geprägt. Der Übergang zu neuen Formen ist am ehesten darin zu sehen, dass die Fassaden zurückhaltend dekoriert sind, gerade Linien dominieren und der Eindruck einer schlichten Eleganz entsteht. An wenigen Stellen ist aber doch schon das Anklingen des Jugendstils zu erkennen. Wir haben schon auf das Mosaik über dem Eingangstor hingewiesen. Ein zweites Beispiel ist die Wölbung über dem Hauptportal, die eine neuartige, in die Zukunft weisende Formgebung aufweist.
Portal in Nahaufnahme
Wölbung über dem Portal
Detail des geschweiften Bogens
Giebel des Mittelrisalits
Fensteranlage des Giebels
Die Anordnung der runden Blendfenster zitiert die Gestaltung der Fensteranlage
der Aula im nördlichen Hauptgiebel des ehemaligen Blindenheimes.
Verkoppelte Fenster links neben dem Hauptportal des Feierabendhauses
Oberlichter der verkoppelten Fenster mit gemeinsamem Entlastungsbogen
Das Gebäude des Feierabendheimes für Blinde steht zwar etwas im Schatten des Hauptgebäudes des Blindenheimes, das mit seiner Prachtentfaltung eindeutig im Gebäudeensemble dominiert, aber auch das Feierabendhaus ist ein bemerkenswertes Gründerzeitgebäude, geprägt durch eine eigenständige baukünstlerische Handschrift.
Historisches
Der Hamburger Großhandelskaufmann Hermann Wilhelm Schmidt und seine Ehefrau Caroline Anna stifteten in einem Vermächtnis im Jahre 1889 einen Beitrag von 500.000 Mark für wohltätige Zwecke. Auf dieser finanziellen Grundlage entstand die Hermann-Schmidt-Stiftung. Sie errichtete die Baulichkeiten des „Heimes für deutsche Blinde“ und betrieb als Träger diese soziale Einrichtung. Der Name der Stiftung prangt deshalb an der Fassade des Hauptgebäudes. Die Aufschrift hat die Zeiten überdauert, obwohl das Heim für Blinde nicht mehr besteht und die Baulichkeiten im Laufe der Zeit verschiedene Nutzungen dienten.
Das Kaiserpaar Wilhelm II. und Auguste Viktoria förderte das Bauvorhaben, indem es aus dem Kaiserlichen Hofkammergut Königs Wusterhausen ein Grundstück von 25.000 m² als Baugrund zur Verfügung stellte. Kaiser Wilhelm II. übernahm außerdem das Protektorat (Schirmherrschaft) für die Blindeneinrichtung. Deshalb sind der Kaiser und die Kaiserin auf der Fassade als Stifterfiguren dargestellt. Die Mosaiken mit den beiden Figuren sind noch gut erhalten.
Die beiden Stifterfiguren über dem Hauptportal
Die Stifterfiguren in näherer Aufnahme
Kaiser Wilhelm II., dessen Gesichtszüge gut zu erkennen sind wird als
mittelalterlicher Herrscher mit Rüstung und Schwert dargestellt.
In seiner Rechten trägt er wie bei Stifterfiguren üblich ein Modell des Blindenheimes.
Oberer Teil des Kaisermosaiks
Auch Kaiserin Auguste Viktoria wird als mittelalterliche Herrscherin abgebildet.
Im Arm trägt sie Rosen, von denen sie eine darreicht.
Oberer Teil des Porträts der Kaiserin. Die Rosen im Arm der Kaiserin sind ein Symbol der Mildtätigkeit und sozialen Gesinnung. Damit wird an das Rosenwunder der Heiligen Elisabeth
von Thüringen erinnert. Der Legende nach verwandelte sich das Brot, welches sie Notleidenden darreichen wollte, in Rosen, als sie sich für ihre ungewöhnliche Freigiebigkeit rechtfertigen sollte.
Sicherlich ist es gewagt, mit Blick auf Kaiserin Auguste Viktoria an Elisabeth von Thüringen zu erinnern. Tatsache ist allerdings, dass die Kaiserin in besonderem Maße auf sozialem Gebiet engagiert war. Sie förderte die Errichtung von sozialen Einrichtungen, von Schulen und Kirchen. Noch heute trägt in Deutschland manches Krankenhaus ihren Namen. Auch auf dem Gebiet des Blindenwesens war sie nicht nur in Königs Wusterhausen engagiert.
Kaiserin Auguste Viktoria übernahm zum Beispiel das Protektorat über die Blindenanstalt in Neuwied und verlieh ihr ihren Namen. Da ein Mitglied des Kaiserhauses die Schirmherrschaft innehatte, prangte auf der Fassade der Kaiserliche Adler.
Weil der Kaiser Protektor für das Blindenheim in Königs Wusterhausen war, würde man erwarten, dass auch hier auf der Fassade der Reichsadler zu sehen ist. Zwar fanden wir das Kaiserpaar als Stifterfiguren, nicht aber das Wappenzeichen. Es hat wohl die wechselhafte Geschichte des Hauses nicht überstanden.
Wir können dem soeben gezeigten Bild noch mehr entnehmen. Wir sehen auf dem Dachfirst
über dem Hauptportal einen Aufsatz, der wie eine Aussichtskanzel wirkt. Es ist der Stumpf eines Dachreiters. Auf dem historischen Foto erkennen wir den Dachreiter mit seiner hohen spitzen Haube. Der ehemalige Dachreiter hatte eine wichtige Funktion für die Proportionen des Hauptgebäudes der Blindenschule. Er trug wesentlich zum großartigen Erscheinungsbild des gesamten Gebäudekomplexes bei. Es wäre deshalb nicht unwichtig, die hohe Haube in ihrer ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen.
Wir zeigen eine weitere historische Aufnahme.
Sie bestätigt den Befund des vorhergehenden Bildes:
Gottfried Ludwig Möckel, *1838 †1915, war der Architekt des von der Hermann-Schmidt-Stiftung errichteten ehemaligem Landesblindenheimes Königs Wusterhausen. Er war zu seiner Zeit ein angesehener und viel beschäftigter Architekt. Stilistisch war er ein Vertreter des Gründerzeithistorismus. Er schuf zahlreiche Gründerzeitgebäude in ganz Deutschland, darunter viele Kirchen. Wir nennen exemplarisch die Villa Möckel, Dresden-Südvorstadt, Leubitzer Straße 28, die Erlöserkirche Potsdam, Nansenstraße, das Gymnasium in Bad Doberan, die Samariterkirche Berlin-Friedrichshain, Samariterstraße. Eines der prachtvollsten von Möckel errichteten Gebäude ist das Ständehaus Rostock, erbaut 1889-1893, heute Oberlandesgericht.
Wir zeigen einige Aufnahmen dieses Werkes von Möckel:
Ständehaus Rostock, Fassade Wallstraße
Ständehaus Rostock, Treppenaufgang mit bleiverglastem Fenster
Ständehaus Rostock, Lichthof mit Galerien
Königs Wusterhausen kann mit Stolz vermerken, dass es in Gestalt des ehemaligen Landblindenheimes ein bedeutendes architektonisches Werk Möckels in seinem Stadtgebiet beherbergt. Die jetzige Blindenschule ist zweifellos neben dem ehemaligen Jagdschloss die bedeutendste bauliche Sehenswürdigkeit, die Königs Wusterhausen zu bieten hat.
Quellen:
* Barth, Karl-Heinz: Gotthold Ludwig Möckel, Parthas Verlag, Berlin 2001
* Meixner, Cathrin (Hrsg.): Frauen in Königs Wusterhausen, Königs Wusterhausen 2014
* RUDOLF, Gottfried: Sammlung hist. Abbildungen
* Webseite Brandenburgische Schule für Blinde und Sehbehinderte Königs Wusterhausen 2011- Stichwort Schule Chronik
* Wikipedia – Stichwort Brandenburgische Schule für Blinde, 2011
* Wikipedia – Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Friedhof, Grab Warburg, 2011
* Wikipedia – Graves, Ferdinand Warburg, 2011
* Wikipedia, Auguste Viktoria, 2011
Wir danken Frau Diana Zehl, stellvertretende Direktorin der Brandenburgischen Schule Blinde und Sehbehinderte, für wertvolle Hinweise und die Erlaubnis, im Inneren der Gebäude Aufnahmen machen zu können.
Stand 2012