(2.10.1)  Haus Moritz Heber

Anschrift: Greiz, Bahnhofstraße 7
Bauherr: Moritz Heber
Jetzige Nutzung: Geschäftshaus


In der Bahnhofstraße 7 steht ein Haus, das, wie unser Startbild aus dem Jahr 1908 zeigt, ursprünglich eine schöne, gründerzeitliche Fassade besaß. Diese Fassade war aus Putz und Stuck geformt. Derartige Fassaden sind zum einen einem schnelleren Verschleiß ausgesetzt
als etwa Backsteinfassaden. Zum anderen lassen sich schadhafter Putz und Stuck leichter als andere Materialien entfernen. So kommt es, dass Gebäude dieses Typs nicht selten radikalen Veränderungskuren unterworfen wurden und werden mit dem Ergebnis, dass eine erhaltenswerte Gründerzeitfassade verloren ist.
Unser Gebäude war im Parterre mit einem Ritzputz versehen. Durch Ritzfugen wurden große Mauerblöcke angedeutet. Außerdem gab es im Parterre ein Ladengeschäft. Die Abgrenzung zum Obergeschoss wurde durch einen Etagensims markiert.
Im Obergeschoss sehen wir gründerzeitliche Fenstereinfassungen und aufwändige Fensterverdachungen, die der Fassade eine prächtige Note verleihen. Auch das Hauptgesims war verziert.

Das Haus hatte durch die Hochwasser der 1950er Jahre schwer gelitten. Bekanntlich war es in der DDR-Zeit nicht leicht, Handwerker und eine Baugenehmigung für die Renovierung zu erhalten. Wie wir von einer ehemaligen Bewohnerin des Hauses erfahren, wurde die Genehmigung unter der Auflage erteilt, von der Fassade „allen bürgerlichen Stuck abzuschlagen“. Das wurde dann im Zuge der Renovierung auch gründlich besorgt. Wie wir den Worten unserer Zeitzeugin entnehmen, ging es damals nicht nur um Zwänge wegen Ressourcenmangels und um zeitbedingte ästhetische Vorstellungen, sondern auch um ideologisch motivierte antibürgerliche Affekte: Fassadenbegradigung als „Klassenkampf“. Man kann nur froh sein, dass damals nicht noch viel mehr begradigt wurde.


Wenn wir uns ein aktuelles Foto des Gebäudes anschauen, so sehen wir, dass gründerzeit-     liche Gestaltungselemente nahezu vollständig beseitigt wurden. Der Charme eines Gründerzeithauses existiert nicht mehr. Das soll natürlich nicht den jetzigen Besitzern und Betreibern zum Vorwurf gemacht werden. In Anbetracht der vorgefundenen baulichen Situation wurde das Gebäude ansprechend renoviert. Immerhin blieben erhalten die halbrunden Bögen über den Fenstern des Parterres und über der Türöffnung. Für die Oberlichter wurde trotz Modernisierung der Fenster mit den konzentrischen Sprossen eine ansprechende Lösung gefunden. Erhalten blieb auch der durchgehende Sims, der die Sohlbänke der Fenster des Obergeschosses miteinander verbindet. Das Hauptgesims besteht in einer vereinfachten Form weiter.

Leider wird man die vormals gründerzeitliche Fassade des Hauses Moritz Heber als bleibenden Verlust verbuchen müssen.
Wir danken Frau Brigitte Breyer, geb. Schürz, Nachfahrin des Bauherrn Moritz Heber, für das historische Foto aus dem Jahre 1908 sowie für die aufschlussreichen Informationen.

Stand 2010