(2.1.19)  Villa Bühling

Anschrift: Greiz, Südstraße 3
Baujahr: 1884
Bauherr: Moritz Bühling
Architekt: 
Nutzung: Leerstand


Wo die Südstraße auf die Carolinenstraße stößt, befindet sich am Eckgrundstück das Haus Südstraße 3. Es ist ein eingeschossiger Bau mit ausgebautem Mansardendach. Die Fassade ist glatt geputzt. Sie ist mit Sandsteinelementen und Stuck geschmückt. Die linke Giebelseite des Gebäudes schaut auf den zugehörigen Garten, der sich bis zur Carolinenstraße erstreckt. Die Gartenseite des Gebäudes ist durch einen reich geschmückten Vorbau erweitert. Es ist der prächtigste Teil des Hauses. Im Erdgeschoss des Vorbaus sehen wir eine offene halbrunde Loggia. Im ersten Stockwerk ruht ein Wintergarten darauf. Das oberste Geschoss zeigt eine balustradengeschmückte Terrasse.


Detail des Schmucks über den Wintergartenfenstern.
Wir sehen üppige Festons und einen Früchtekranz.


Die Mansardenfenster haben prächtige Sandsteineinfassungen.


Auch die Fenster der Straßenfassade sind geschmückt. Die Fenstersimse werden von schönen Konsolen geschmückt. Zwischen den Konsolen sehen wir eine Schmucktafel. In der Mitte trägt sie einen Nabelstein, flankiert von zwei Groteskprofilen, die in Pflanzendekor übergehen.


Die Schmucktafel mit dem Nabelstein in Nahaufnahme → Ornament Haus Gambrinus

 
Detail des Dekors über den Mansardenfenstern


Dekor mit Rundbogen des Fensters


Dekor zwischen den Rundbögen


Fensterverdachung mit Festons und Hauptgesims


Detail der Festons mit Zapfen


Haustür mit Schnitzwerk und Kunstschmiedearbeit


Teil der Haustür mit der Kunstschmiedearbeit mit dem Monogramm „H.K.“


Detail der Schnitzarbeit


Das leerstehende Gebäude befindet sich in einem beklagenswerten Zustand. Es bedarf dringend der Sanierung. In die meisten Fensteröffnungen wurden unpassende einflügelige neuzeitliche Fenster eingesetzt. Gartenzaun, Tor zur Einfahrt, Haustür und Vergitterungen der Kellerfenster zeigen schöne Schmiedearbeiten, die der Pflege bedürfen.


Der Garten hat noch eine zusätzliche Einfahrt. Das zwischen Sandsteinsäulen
befindliche Eisentor lässt seine frühere Schönheit ahnen. Es scheint möglich,
die wertvolle Schmiedearbeit zu retten.


Von der Carolinenstraße her kann man durch den Zaun blicken.


Man sieht zwischen den wild wuchernden Pflanzen die Gartenseite des Gebäudes.
Der Garten ist verwildert. Nur einige alte Bäume verraten etwas von der früheren Gartengestaltung. Bei einem zweiten Besuch sehen wir, dass am Gartengrundstück gearbeitet wurde. Dadurch sehen wir die Gartenfront des Hauses etwas besser.


Schauen wir abschließend noch einmal auf den prachtvollen
schmiedeeisernen Zaun mit seinem Sockel und den Sandsteinsäulen.

Stand 2008

Zur Geschichte der Villa
Bauherr der Villa war Moritz Bühling. Er beauftrage im Jahre 1884 den Greizer Baumeister Wilhelm Jesumann mit der Errichtung des Gebäudes. (BLASE)
Jesumann war ein namhafter Bauunternehmer der Gründerzeit und erbaute zahlreiche bedeutende Gebäude in Greiz, u.a. das Nachbarhaus  →  Südstraße 2, Haus Wilhelm Schilbach, Carolinenstraße 19, → Haus Tivoli, Stavenhagenstraße 3, ehemals Theater der Stadt Greiz, im Jahr 2011 abgerissen. (BLASE), die → Evangelische Kirche in Aubachtal, erbaut 1897 (MICHAELIS/KÖNIG)


1886 wechselte der Besitzer der Villa. Neuer Eigentümer wurde Heinrich Kestermann, Kaufmann in Greiz (BLASE). Er ist 1892 als Bewohner nachweisbar. (Adreßbuch 1892)
Er ließ das Haus umbauen. U.a. ließ er die reich geschmückte Loggia, den Wintergarten
und die Balkone an der zum Garten gewandten Westseite des Gebäudes errichten. 


Am Füllungsgitter der Haustür verewigte sich der neue
Eigentümer mit den Initialen „H.K.“ – Heinrich Kestermann. 

Entwurfszeichnung 1933, Sammlung Sandner

Spätestens im Jahre 1938 befand sich Villa Bühling im Besitz der
Firma Carl Günther. Das geht aus einer Entwurfszeichnung hervor, die uns vorliegt. 
Ausschnitte: 


Firma Carl Günther besaß bereits in unmittelbarer Nähe, mit der Anschrift
→ Carolinenstraße 63 ein Wohn- und Geschäftshaus.
Auf dem Greizer Neuen Friedhof findet sich ein Grab für Carl Werner Günther. Das Grab wurde von dem namhaften Bildhauer Hans Damman geschaffen.
(Zur Person von Dammann → Grabstätte Paul Arnold.)

Als Firma Carl Günther Söhne 1942 im Hause Südstraße 3 Verschönerungsarbeiten durchführten lassen wollte, schritten die Greizer Baubehörden ein. Sie schätzten das Verlegen von Marmorplatten als luxuriös und friedensmäßig ein und verboten die Ausführung der Arbeiten im Kriegsjahr 1942. ↓

Fotos: Archiv Sandner

Wir freuen uns, eine Planskizze von Villa Bühling zeigen zu können. Sie stammt aus
dem Jahre 1889. Zu dieser Zeit war Heinrich Kestermann Besitzer des Hauses.

Foto: Sammlung Sandner

Zeichnung der Straßenfassade zur Südstraße. 


Die Fassade wurde im Wesentlichen so wie auf der Zeichnung ausgeführt.
Das eiserne Dachgitter ist heute nicht mehr vorhanden.

Dieses Anwesen ist unbedingt erhaltenswert. Selbst in seinem jetzigen Zustand ist es eine Sehenswürdigkeit.
Wir danken Herrn Harald Sandner herzlich für Informationen und Bildmaterial aus seinem Privatarchiv.

Quellen:
* Blase, s. Impressum
* Michaelis, Reinhard, Gerd E. König: Irchwitz. Eine Ortsgeschichte. Greiz 2015, S.469
* Sandner, Harald, Coburg, Nachkomme der Fabrikantenfamilie Carl Günther, Greiz.
   Private Sammlung zur Familiengeschichte.

Stand 2020